Illegaler Welpenhandel der Hundemafia von Dr. Anna Laukner

Beitrag vom 25.02.21 hier in Textform, falls Sie kein Facebook-Nutzer sind. Der Facebook-Link hier.

Dr. Anna Laukner ist Autorin, Illustratorin und Amtstierärztin. 


Mittlerweile höre oder erlebe ich nahezu täglich Fälle von illegal verkauften Welpen, die in Tierarztpraxen zur Erstuntersuchung vorgestellt oder beschlagnahmt werden.

Die Medien sind voll mit Berichten über die Welpenmafia.

Es ist zum Verzweifeln ...

Darum folgt hier mal ein längerer Post, der nichts mit Fellfarben zu tun hat - in der Hoffnung, dass ich den einen oder die andere erreiche, die gerade mit dem Gedanken spielt, sich einen Hund im Internet zu kaufen (darf natürlich gerne geteilt werden).

Auch wenn der Wunsch nach einem Welpen noch so groß ist, bitte kaufen Sie NIE einen Hund aus dubiosen Quellen.

Leider ist es mittlerweile gar nicht so einfach, seriös von unseriös zu unterscheiden, da die Welpenmafia dazulernt und sich immer besser tarnt: Entweder als seriöse Zucht (sogar mit gefakten Homepages und geklauten Fotos), oder die Hunde werden über Einzelpersonen „vermarktet“, die vorgeben, dass sie den Welpen wegen einer Allergie des Kindes oder Problemen mit dem Vermieter oder ihrem Ersthund wieder abgeben müssen.

 

Was muss man rechtlich wissen?

1) Hunde dürfen nicht von der Mutter getrennt werden, bevor sie 8 Wochen alt sind. Ist ein Welpe jünger, müssen alle Alarmglocken schrillen. Hier handelt es sich um einen Verstoß gegen §2 der Tierschutz-Hundeverordnung.

2) Hunde dürfen aus dem EU-Ausland nicht nach Deutschland verbracht werden, wenn sie jünger als 15 Wochen alt sind (da eine gültige Tollwut-Impfung vorgeschrieben ist, die frühestens in diesem Alter vorliegen kann).

3) Hunde aus bestimmten anderen Ländern außerhalb der EU (z.B. Serbien oder Türkei) können frühestens im Alter von 7 Monaten nach Deutschland importiert werden, da hier ein gültiger Tollwut-Titer-Nachweis vorliegen muss.

 

Was muss einen stutzig machen?

Wenn der Welpe auf einem Parkplatz oder auf der Straße übergeben werden soll.

Wenn der Verkäufer nicht weiß oder nicht preisgibt, woher der Welpe stammt.

Viele Menschen zahlen mittlerweile Preise von über 3.000 Euro für einen Welpen, ohne die geringsten Angaben zur Herkunft des Hundes oder Daten des Verkäufers einzufordern, geschweige denn einen schriftlichen Kaufvertrag abzuschließen. Das läßt mich absolut sprachlos zurück.

 

Bitte denken Sie immer daran, dass viele, viele der Welpen aus unseriösen Quellen viel zu früh von der Mutter getrennt wurden, mit Medikamenten für die Übergabe „fit“ gemacht werden und dann im neuen Heim zusammenklappen. Die Tierarztkosten gehen dann schnell in die Hunderte Euro – wenn der Welpe überhaupt überlebt. Von den Elterntieren ganz zu schweigen, die in unsäglichen, verdreckten, dunklen, stinkenden Löchern gehalten werden – ihr Leben lang. Die Welpen werden dann in kitschigen Posen im Blumenbeet oder auf Samtdeckchen fotografiert (wenn nicht gestohlene Fotos verwendet werden), um die Käufer zu täuschen. In den Annoncen wird das Blaue vom Himmel gelogen: „Liebevolle Hobbyzucht, nur in beste Hände, ...“). Teilweise werden sogar Textpassagen von Webseiten seriöser Züchter kopiert.

 

Ich würde niemals ein Auto im Internet kaufen, ohne nicht jemanden, der mehr von Autos versteht als ich, zu einer Probefahrt mitzunehmen und den Wagen auch noch in einer Werkstatt durchchecken zu lassen. Ein Kaufvertrag ist selbstverständlich.

 

Warum gehen so unglaublich viele Menschen derart sorglos an den Hundekauf? Ist der Wunsch nach einem Welpen so immens, dass er um jeden Preis und sofort erfüllt werden muss?

 

Was kann man tun, wenn man einen Welpen sucht:

Wenn es ein Rassehund sein soll, wenden Sie sich an einen seriösen Zuchtverband und lassen sich Züchteradressen geben. Ein seriöser Zuchtverband ist z.B. der VDH: www.vdh.de Es gibt auch andere seriöse Zuchtverbände, doch lohnt es sich immer, genau hinzusehen, denn manche Vereine wurden nur gegründet, um eine Ahnentafel mit Vereinsstempel ausstellen zu können. Hat der Verein z.B. eine Zuchtordnung, in der gesundheitliche Anforderungen an die Zuchttiere gestellt werden? Haben die Elterntiere diese Untersuchungen? Gibt es Anforderungen an das Mindest- und Höchstalter der Zuchthunde, und an die Anzahl der Würfe, die eine Hündin haben darf? Informieren Sie sich gründlich, welche gesundheitlichen Probleme bei Ihrer Wunschrasse verbreitet sind und lassen Sie sich nachweisen, dass die Elterntiere darauf untersucht wurden.

Bei einem seriösen Züchter kann es sein, dass man Monate warten muss, bis der nächste Wurf fällt.

Bei einem seriösen Züchter, dem seine Tiere am Herzen liegen, kann es auch gut passieren, dass Sie bzgl. Ihrer Lebensumstände ausgequetscht werden und Ihnen vielleicht sogar ein Welpe verweigert wird. Dann sollten Sie nicht das nächstbeste Internet-Verkaufsportal ansteuern, sondern sich hinsetzen und ganz ehrlich zu sich selbst sein: Kann ich mich in meiner derzeitigen Lebensphase wirklich ausreichend um einen Hund kümmern? Kann ich dieser Rasse wirklich bieten, was sie braucht?

 

Wenn es ein Mischling sein soll, wenden Sie sich an eines der vielen Tierheime (auch dort warten übrigens Rassehunde auf ein zweites Zuhause). Auch in den meisten Tierheimen wird man mehr oder weniger kritisch befragt, bevor man einen Hund bekommt, denn niemand dort möchte, dass ein Hund nach kurzer Zeit wieder abgegeben wird. Auch wenn man in einem Tierheim abgewiesen wird, sollte man lieber erst mal in die kritische Selbstbeleuchtung gehen, als sich mit einem Mausklick den Welpen im www zu bestellen.

Eine Anlaufstelle kann z.B. auch ein Tierarzt oder eine Hundeschule sein, dort kann man Ihnen ggf. auch bei der Suche nach einem Hund (und auch sehr wichtig: nach der geeigneten Rasse bzw. dem geeigneten Hundetyp) helfen.

 

Kaufen Sie keinen Hund ohne Kaufvertrag! Kein seriöser Hundezüchter wird Ihnen dies verweigern, ebenso keine Privatperson, die ihren Hund umständehalber in gute Hände abgeben muss, und ebenso wird kein seriöser Tierschutzverein einen Hund ohne Übergabevertrag abgeben.

Sollten Sie nur die geringsten Zweifel haben, so verabreden Sie die Welpenübergabe bei einem Tierarzt Ihres Vertrauens, denn kann dort auch gleich der Impfpass geprüft und der Hund gesundheitlich durchgecheckt werden. Ein seriöser Verkäufer wird so etwas nicht verwehren.

 

Und wenn Ihnen all das Geschriebene ziemlich egal ist, und Sie einfach nur unbedingt und so schnell wie möglich so einen süßen Boo-Pomeranian oder Teacup-Maltipoo haben wollen, denken Sie wenigstens daran, dass Zwerghunde-Welpen sehr, sehr empfindlich sind und es ganz schnell passieren kann, dass der Kleine an Hypothermie und Unterzuckerung stirbt, da er wahrscheinlich erst sechs Wochen alt (oder noch jünger) ist, wenn er Ihnen vom Verkäufer auf dem Parkplatz übergeben wird. Dann ist nicht nur der Hund futsch, sondern auch das ganze Geld, das man einem Wildfremden ohne jeglichen schriftlichen Beleg in die Hand gedrückt hat.

 

Auch wenn meine Worte wahrscheinlich nicht die ganzen Impulskäufer erreichen, die für die Misere mitverantwortlich sind: Wenn ich nur einen einzigen potentiellen Welpenkäufer sensibilisieren konnte, ist es das schon wert.

 

Hier auch ein aktueller Fernsehbeitrag zum Thema: https://www.zdf.de/politik/frontal-21/welpenhandel-corona-verschaerft-tierleid-100.html